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08.12.2017 Die Geschäftsstelle Tauberbischofsheim bereitet sich vor

Bei der IG Metall krempelt man die Ärmel hoch. Für Besinnlichkeit bleibt nicht viel Zeit. Am 14. Dezember beginnt die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie.

Tauberbischofsheim. Sechs Prozent mehr Lohn und eine Wahloption bei der Arbeitszeit sind die Forderungen der Gewerkschaft. Und die will man auch durchsetzen. Im FN-Interview äußerten sich der Erste Bevollmächtigte Gerd Koch und der neue Gewerkschaftssekretär Michael Perner über die geplanten Aktionen und den "Kulturwandel" in der Arbeitswelt.

Herr Koch, die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn und individuellen Anspruch auf die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden für einen Zeitraum bis zu 24 Monaten. Wie sehr stehen die Beschäftigten in Ihrer Geschäftsstelle hinter diesen Forderungen? Wie groß ist die Streikbereitschaft?

Gerd Koch: Sechs Prozent sind aufgrund der wirtschaftlichen Situation auch hier in unserer Region mehr als gerechtfertigt. Es gibt fast keine Betriebe, denen es wirtschaftlich nicht gut geht. Die Masse der Unternehmen profitiert vom Wirtschaftsaufschwung. Das spiegelt sich auch in der Mehrarbeit wider.

Die Auftragsbücher sind durch die Bank weg voll. Nach den Prognosen für 2018/2019 wird sich das Wirtschaftswachstum in den nächsten zwei Jahren bei zwei und 2,2 Prozent bewegen. Wir befinden uns auf einem hohen Level, der sich die nächsten 24 Monaten nicht sehr verändern wird. Außerdem leben wir in einer Region mit geringen Arbeitslosenquoten.

Die Arbeitszeitreduzierung diskutieren wir schon seit über einem Jahr. Auch in der Vorbereitung unserer Beschäftigtenbefragung im März war das ein Thema. Das fiel jetzt nicht einfach so vom Himmel. Die Streikbereitschaft ist enorm gestiegen, die Belegschaften stellen sich stark hinter diese Forderung. Es ist ja nicht generell vorgesehen, dass jeder seine Arbeitszeit auf 28 Stunden reduziert.

Vielmehr soll im Tarifvertrag stehen, dass jeder einen individuellen Rechtsanspruch hat, die Arbeitszeit zu reduzieren und in gewissen besonderen Lebenslagen auch einen Entgeltausgleich erhält.

Können Sie das mit Zahlen belegen?

Koch: In den tarifgebundenen Metall- und Elektrobetrieben im Bereich der IG-Metall-Geschäftsstelle Tauberbischofsheim sind von den rund 6350 Menschen etwa 1900 (zirka 30 Prozent) im Schichtdienst tätig. Knapp 2000 Menschen - das ist ein Riesenpfund. Rund vier Prozent arbeiten sogar dauerhaft nachts.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass jemand nach 20, 30 Jahren im Drei-Schicht-Dienst Ausgleichstage braucht, um seine Gesundheit zu schützen.

Schichtarbeit macht nachweislich krank und stellt auch eine soziale Belastung dar.

Wie ist denn die Reaktion der Arbeitgeber auf Ihre Forderungen?

Koch: Himmelhochjauchzend laufen sie natürlich nicht durch die Lande. Man muss ihnen versuchen zu erklären, was der Sinn und Zweck des Ganzen ist. Denn durch solch eine Maßnahme kann man seine Beschäftigten ja auch halten.

Wie lässt sich Ihre Forderung mit dem Fachkräftemangel vereinbaren?

Koch: Wir haben in den Metall- und Elektrobetrieben keinen Fachkräfte-Engpass. Den gibt es vielleicht in den Bauberufen sowie im Gesundheits- und Pflegesektor. Man sucht zwar Fachleute, aber die Zahl der Beschäftigten ist auch gestiegen, denn es werden immer mehr Leute gebraucht, um die Arbeit zu leisten. Der Markt ist leer gefegt.

Wenn die Betriebe in den vergangenen Jahren mehr ausgebildet und die Ausbildungszahlen nicht auf dem untersten Level gehalten hätten, wäre die Situation in den Unternehmen eine ganz andere. Der Fachkräftemangel ist ein hausgemachtes Thema der Arbeitgeberseite, um Druck aufzubauen. Deshalb nehmen wir auch keinen Abstand von unserer Forderung.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hat einen "Kulturwandel" in der Arbeitswelt gefordert. Er sagt, junge Leute würden sich den Bedingungen - Vollzeit plus Überstunden plus Flexibilität plus steigender Leistungsdruck - nicht mehr unterwerfen. Wie sehen Sie das?

Koch: Es gibt wirklich einen Kulturwandel. Junge Menschen legen mehr Wert auf ihre Freizeit und wollen nicht rund um die Uhr für das Unternehmen da sein.

Michael Perner: Das ist wirklich ein Thema bei den Auszubildenden und jungen Beschäftigten. Sie fänden es gut, die Möglichkeit zu haben, ihre Arbeitszeit mit einem Entgeltzuschuss zu reduzieren. Das kommt sehr gut an. Die Generation Y denkt anders, hinterfragt vieles. Arbeit ist nicht alles, die Zeit wird deutlich wichtiger. Diesen Kulturwandel spüren wir. Es gibt viel mehr junge Kollegen, für die das Thema Zeit wichtig ist, die weniger arbeiten möchten. Da wird anders diskutiert. Die Beschäftigtengruppen wandeln sich.

Koch: Vor 30, 40 Jahren hat man relativ jung geheiratet, dann die Familienplanung begonnen und ein Haus gebaut. Um das alles zu finanzieren, war man praktisch gezwungen, Mehrarbeit zu leisten. Heute hat sich das verschoben. Man heiratet später. Als junger Mensch will man sein Leben zu genießen und zum Beispiel reisen. Der Sprung in die Arbeitswelt findet später statt.

Perner: Flexibilität ist wichtig, aber nicht nur zum Vorteil der Arbeitnehmer, sondern auch der Beschäftigten. Früher hat man sich ja gar nicht getraut, so etwas zu diskutieren.

Wann starten Sie Ihre Aktionen?

Koch: Am 14. Dezember finden die zweiten Tarifverhandlungen statt. Parallel dazu gibt es einen Aktionstag in Ludwigsburg, zu dem an die 6000 Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg erwartet werden. Auch wir werden mit Bussen dorthin fahren, um zu zeigen, dass wir ebenfalls hinter den Forderungen stehen.

Der Tarifvertrag endet zum 31. Dezember. Mit den ersten Silvesterknallern könnten wir also mit den Warnstreiks loslegen (lacht). Vom 8. bis 11. Januar ist die erste Warnstreikwelle, die wir massiv hochziehen wollen, vorgesehen. Auch in der zweiten Welle vom 12. bis 24. Januar haben wir jeden Tag mindestens einen Betrieb im Warnstreik.

Am 24. Januar geht in Tauberbischofsheim ein großer Aktionstag mit allen tarifgebundenen Metall- und Elektrobetrieben über die Bühne. Die Beschäftigten werden aufgerufen, die Arbeit ab 12 Uhr niederzulegen. Auf dem Wörtplatz ist eine Großkundgebung mit Frank Iwer vom Vorstand der IG Metall in Frankfurt als Hauptredner vorgesehen. Ab 13 Uhr gibt es auch Livemusik.

Wenn die Arbeitgeber dann immer noch auf ihrer Position beharren, dann starten wir mit einem 24-stündigen Streik in die zusätzliche Eskalationsstufe. Wir haben zwei Betriebe im Auge, die dabei eine wesentliche Rolle spielen werden. Diese Eskalationsstufe wird unumgänglich sein, um den Druck aufzubauen.

Perner: Das wird eine knackige, spannende Zeit. Man ist dann sehr nah an den Mitgliedern dran. Schließlich ist es unsere ureigene Aufgabe, die Forderungen durchzusetzen, die unseren Mitgliedern helfen.

Koch: Parallel läuft die Tarifrunde Holz und Kunststoff. Da enden die Verträge ebenfalls am 31. Dezember und die Warnstreikphase beginnt. Da haben wir ein paar dicke, fette Brocken. Wir fordern hier wie auch in der Metall- und Elektroindustrie sechs Prozent mehr Entgelt. Hier sind wir ebenfalls gut aufgestellt.

Am 10. Januar finden in der Tauberbischofsheimer Stadthalle die baden-württembergischen Tarifverhandlungen statt. Dazu ist ein Demonstrationszug mit den Beschäftigten der entsprechenden Betriebe geplant. Demnächst gibt es also richtig Rambazamba.

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Demnächst gibt es richtig Rambazamba

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Letzte Änderung: 08.12.2017