PRESSEMITTEILUNG Nr. 47/2015

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02.09.2015 Berlin, 1. September 2015 IG Metall wendet sich gegen Werkverträge, die zum Lohndumping missbraucht werden. Betriebsräte-Umfrage 2015: Werkverträge ersetzen immer mehr Stammarbeitsplätze.

PRESSEMITTEILUNG
Berlin, 1. September 2015
Nr. 47/2015

IG Metall wendet sich gegen Werkverträge, die zum Lohndumping missbraucht werden
Betriebsräte-Umfrage 2015: Werkverträge ersetzen immer mehr Stammarbeitsplätze

Berlin - Die IG Metall wendet sich gegen den Missbrauch von Werkverträgen. "Immer öfter setzen Unternehmen Werkverträge ein, um dadurch Lohndumping durchzusetzen. Sie schaffen mit dieser Art der prekären Beschäftigung betriebsratsfreie und tariflose Zonen in relevanten Bereichen der Wertschöpfung. Die IG Metall kritisiert diesen Missbrauch - es geht jedoch nicht um das Vertragskonstrukt Werkvertrag an sich", sagte Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer bundesweiten Betriebsrätebefragung zum Einsatz von Werkverträgen.

Die IG Metall fordert den Gesetzgeber auf, endlich mit gesetzlichen Regelungen Ordnung auf dem Arbeitsmarkt herzustellen. "Der Missbrauch von Werkverträgen muss unterbunden werden. Dazu braucht es bessere Informationspflichten und mehr Mitwirkungsrechte der Betriebsräte in den Einsatzbetrieben", forderte Hofmann. Klare Kriterien - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - seien notwendig, um Werkverträge etwa gegenüber der Arbeitnehmerüberlassung und der Soloselbständigkeit abzugrenzen. Außerdem fordert die IG Metall die Pflicht des Arbeitgebers, den Betriebsrat über eingesetzte Werkverträge und den beauftragten Betrieb zu informieren sowie darüber, ob es dort einen Betriebsrat gibt, ob und welche Tarifverträge dort gelten. Zudem brauche es die konkrete Mitbestimmung der Betriebsräte bei Outsourcing, sagte der Gewerkschafter.

In der Metall- und Elektroindustrie seien vor allem die Bereiche Kontraktlogistik, industrielle Services sowie Entwicklungsdienstleister betroffen. "Wir kritisieren nicht die sinnvolle Arbeitsteilung zwischen dem Produzenten von Fahrzeugen oder Maschinen und Spezialisten, die hierfür Dienstleistungen anbieten: Daneben hat sich aber eine Praxis der Auslagerung entwickelt, die alleine auf Lohndumping baut, um Extraprofite einzustreichen", sagte Hofmann. Die Arbeitgeber forderten an anderer Stelle die Einhaltung der Tarifeinheit: ein Betrieb - eine Gewerkschaft. "Das gilt gerade auch für Werkvertragsleistungen. Wenn die Arbeitgeber hier das Prinzip der Tarifeinheit aufkündigen, riskieren sie, dass die stark vernetzte Werkschöpfungskette nicht mehr von der Friedenspflicht des Flächentarifvertrages profitiert."

Nach der aktuellen Umfrage der IG Metall, an der sich über 4.000 Betriebsratsvorsitzende beteiligt haben, nutzen Unternehmen immer öfter das Instrument von Werkverträgen. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) kaufen inzwischen Leistungen bei anderen Firmen ein. In fast drei Viertel aller Fälle müssen die Beschäftigten der Werkvertragsfirmen zu schlechteren Bedingungen arbeiten als ihre Kollegen, die fest angestellt sind. "Die Zahlen belegen: Werkverträge werden in den Unternehmen zum neuen Standard und untergraben damit die bisherigen tariflichen Regeln", sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen außerdem, dass seit 2012 der Anteil der Unternehmen, in denen Werkverträge Stammarbeitsplätze ersetzen, von fünf auf 13 Prozent gestiegen ist. Betriebsräte verzeichneten in den vergangenen drei Jahren in fast einem Viertel der Unternehmen (22 Prozent) eine Zunahme von Werkverträgen. In jedem dritten Betrieb werden Tätigkeiten aus der Produktion fremdvergeben; auch Montage, Logistik sowie Forschung und Entwicklung sind häufig betroffen. "Die meisten Arbeitgeber verweigern freiwillige Regeln zum Einsatz von Werkverträgen. 69 Prozent der Unternehmen setzen Werkverträge ein. Gleichzeitig ist es den Betriebsräten in nur fünf Prozent der Unternehmen gelungen, das Thema in einer Betriebsvereinbarung zu regeln." Auch wenn es der IG Metall in vielen Werkvertragsfirmen gelungen sei, bessere Bedingungen durchzusetzen, fehle es an einem angemessenen gesetzlichen Rahmen, kritisierte Benner.

Hofmann kündigte an, die IG Metall werde den Druck auf die Unternehmen und die Betriebe verstärken: "Am 24. September werden wir an nahezu allen Standorten der deutschen Automobilhersteller mit Kundgebungen und sichtbaren Aktionen Druck machen. Außerdem werden die Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Automobilhersteller und Zulieferer in einem Aufruf ihre Forderungen an die Politik klar stellen. Flächendeckende Plakatierungen und weitere Aktionen werden in den kommenden Wochen folgen."

Letzte Änderung: 02.09.2015