Haustarifvertrag unterzeichnet

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06.07.2011 Zähe Verhandlungen bei der Firma Scheuermann + Heilig führten doch noch zum Erfolg. IG Metall nimmt bereits weitere Firmen der Region ins Visier. Neue Basis für Beschäftigte geschaffen

Neue Basis für Beschäftigte geschaffen

Die Festschreibung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ein einheitlich geregelter Urlaubsanspruch und ein gerechtes Entlohnungssystem - was für Arbeitnehmer tarifgebundener Unternehmen der Metallbranche eine Selbstverständlichkeit ist, gilt seit 1. Juli erstmals in der Firmengeschichte auch für die Belegschaft der Scheuermann & Heilig GmbH.

Am vergangenen Dienstag unterzeichneten Geschäftsleitung und IG Metall einen entsprechenden Haustarifvertrag, der auf 31 Seiten das Beschäftigungsverhältnis der Angestellten auf eine neue Basis stellt. "Im Kern haben wir unser Ziel erreicht", erklärte der erste Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltungsstelle Tauberbischofsheim, Gerd Koch, bei der Vorstellung des Tarifwerks am Dienstag im Gasthaus "Schwanen" in Buchen - entgegen erster Planungen und Zusagen ohne einen Vertreter der Firmenleitung und nicht auf dem Betriebsgelände.

Gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden von Scheuermann + Heilig, Peter Kirchgeßner, und Betriebsratsmitglied Alfred Petru erläuterte er den Inhalt des Haustarifvertrags sowie dessen Zustandekommen. "Im Betrieb ging es ungerecht zu. Für gleiche Arbeit wurde ungleich bezahlt", so Koch. Als Folge sei bei der Belegschaft der Wunsch nach Veränderungen immer stärker geworden.

Mit Blick auf die Vergangenheit wohl auch nicht zu unrecht, denn während der Hainstadter Umformspezialist regelmäßig mit dem Slogan "Metall in Bestform" für seine Innovationskraft werbe, habe sich die Einkommenssituation der Beschäftigten in den letzten Jahren alles andere als innovativ entwickelt. Eine Tarifbindung gab es beim Spezialisten für Baugruppen, Stanz- und Biegeteile, Federn und sonstige für die Kaltumformung geeignete Werkstoffe nie. Tarifabschlüsse der IG Metall wurden jeweils nur mit Abstrichen übernommen, darin vereinbarte Einmalzahlungen regelmäßig nicht geleistet.

So entstand über die Jahre eine immer größere Lücke gegenüber dem branchenüblichen tarifgebundenen Einkommensgefüge, welche die Beschäftigten nicht mehr länger bereit waren hinzunehmen. Anfang vergangenen Jahres wandte sich der Betriebsrat erstmals an die IG Metall und bat um Unterstützung.

Warnstreik als Warnschuss

Eine Tarifkommission wurde daraufhin gewählt, eine Verhandlungskommission gebildet und die wesentlichen Forderungen festgeschrieben, ehe vor gut einem Jahr erste Sondierungsgespräche mit der Geschäftsleitung begannen. "Die ersten Runden sind gut gelaufen, dann aber an Grenzen gestoßen", erinnert sich Gerd Koch. "Die Arbeitgeber hatten andere Vorstellungen und sahen keine Lösungsansätze mehr." Nachdem die Geschäftsleitung die Verhandlungen für gescheitert erklärt hatte, machten die Beschäftigten nur einen Tag später ihrer Verärgerung unübersehbar Luft: Erstmals in der Firmengeschichte legten am 16. September gut 90 Prozent der Belegschaft für eine Stunde die Arbeit nieder und damit die gesamte Fertigung lahm.

"Für die Firmenleitung ist damals eine Welt zusammengebrochen. Damit hatte niemand gerechnet", betont Gerd Koch. "Der Warnstreik hat gesessen. Das war eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen." Trotzdem zogen sich die Gespräche auch danach in die Länge, bis in der vergangenen Woche doch noch der Durchbruch gelang. "Das ist ein sehr guter Einstieg. Gut für die Motivation, aber auch im Sinne der Firma", bewertet Betriebsratsvorsitzender Peter Kirchgeßner das Ergebnis. Den Abschluss sieht er jedoch nur als ersten Schritt in die richtige Richtung, dem nun mit Blick auf Entlohnung, Arbeitszeit und Aufstiegsmöglichkeiten unbedingt weitere folgen müssten.

Signal an die Menschen

Ganz ähnlich schätzt auch Gerd Koch die Lage ein und hat vor dem Hintergrund des insgesamt sehr niedrigen Lohnniveaus im Neckar-Odenwald-Kreis bereits weitere Unternehmen im Visier: "Das war eine zähflüssige Sache, aber das Ergebnis ist ein Signal an die Menschen, dass vernünftigere Arbeitsbedingungen gemeinsam durchsetzbar sind". Konkrete Pläne für weitere Betriebe gebe es bereits. "Wir werden viel Gegenwind bekommen, aber wir versuchen uns zu positionieren", so der erste Bevollmächtigte. Auf der Agenda stehen nach seinen Angaben bis zu 30 Betriebe mit rund 3400 Beschäftigten.

Ähnlich wie im Main-Tauber-Kreis will die IG Metall deshalb bis zum Herbst eine Stelle in Mosbach schaffen, um gezielt an die Firmen heranzutreten und flächendeckend Präsenz zu zeigen.

Pressebericht aus den Fränkischen Nachrichten vom 6. Juli 2011

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Pressebericht aus der RNZ

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Letzte Änderung: 06.07.2011