Der Schlaf der Gerechten

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20.06.2017 Sozialrecht ist nicht immer spannend...

Zwischen rechtlichen Wortungetümen und ärztlichem Fachchinesisch fällt es manchmal schwer, die Konzentration aufrecht zu halten. Aber wer als ehrenamtlicher Richter im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt ist sollte aufpassen, zumindest nicht einzuschlafen. Denn das kann erhebliche Folgen haben.

Schläft ein ehrenamtlicher Richter am Landessozialgericht während der Verhandlung ein, kann das erhebliche Folgen haben.
Schläft ein ehrenamtlicher Richter am Landessozialgericht während der Verhandlung ein, kann das erhebliche Folgen haben.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aufgehoben, weil ein ehrenamtlicher Richter während der Verhandlung eingeschlafen war.

Auch Tritte helfen nicht

Der ehrenamtliche Richter war schon zu spät zur Verhandlung erschienen. Als er schließlich Platz genommen hatte, schlief "mit auf die Brust gesunkenem Haupt" sofort ein.

Als die anderen Richter dies bemerkten, versuchten sie, den Schlafenden mit leichten Fußtritten zu wecken - allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Nach etwa einer halben Stunde wachte der Richter von allein wieder auf.

Der Kläger, dessen Klage auf Erwerbsminderungsrente der Senat abgelehnt hatte, griff das Urteil daraufhin vor dem BSG mit dem Einwand an, das Gericht sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen. Das BSG entschied im Sinne des Klägers und verwies die Sache zurück ans Ausgangsgericht.

Wenn Richter schlafen

Das BSG war im Rahmen der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, dass ein formeller Verstoß vorliegt. Denn wenn ein Richter schläft oder bewusstlos ist, so ist er im Sinne des Gesetzes nicht "anwesend" und kann an der Entscheidungsfindung nicht mitwirken. Dies stellt einen Verstoß gegen das grundrechtlich geschützte Recht auf den gesetzlichen Richter dar.

Dabei unterscheidet die Rechtsprechung feinsinnig zwischen unterschiedlichen Formen von müdigkeitsbedingten Ausfällen.

So sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "Anzeichen großer Ermüdung und ein Kämpfen mit dem Schlaf" noch keine sicheren Beweise dafür, dass der Richter die Vorgänge in der mündlichen Verhandlung nicht mehr wahrnehmen kann.

Schnarchen verboten

Auch wenn ein Richter mehrerer Minuten die Augen schließt und den Kopf auf die Brust senkt, sei dies noch kein Beweis für den Schlaf. Denn "diese Haltung kann auch zur geistigen Entspannung oder zu besonderer Konzentration eingenommen werden."

Eine Abwesenheit nehmen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts erst an, wenn andere sichere Anzeichen hinzukommen. Also beispielsweise "tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen sowie ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung."

Ein Hochschrecken allein allerdings sei kein sicheres Anzeichen, sondern könne vielmehr auf einen Sekundenschlaf hindeuten. Weil die geistige Aufnahmefähigkeit durch den Sekundenschlaf nicht wesentlich beeinträchtigt sei, liege keine Abwesenheit vor.

Letzte Änderung: 20.06.2017