"Wer was gelten will, muss andere gelten lassen." Dieser Leitsatz stand auch über der Jubilarfeier der IG Metall in der Tauberbischofsheimer Stadthalle.

Tauberbischofsheim. "Tausende Jahre gewerkschaftliche Erfahrung unter einem Dach vereint." So brachte es der Hauptredner auf den Punkt, drehte sich doch diesmal alles um insgesamt 410 nicht ausnahmslos anwesende Jubilare, darunter drei für 70-, 25 für 60-, 53 für 50-, gar 177 für 40- sowie 152 für 25-jährige Zugehörigkeit (siehe Info-Box), als die Industriegewerkschaft (IG) Metall, Geschäftsstelle Tauberbischofsheim, zuständig für die beiden Kreise Main-Tauber und Neckar-Odenwald, ihre traditionelle Feier zur Ehrung der treuen Mitglieder ausrichtete. Man habe erstmals die zwei Jahrgänge 2018/19 mit 196 beziehungsweise 214 Personen zusammengefasst, um ein würdiges Format zu garantieren, hieß es.

Buntes Rahmenprogramm

Neben einem wie immer unterhaltsamen Rahmenprogramm, musikalisch begleitet von Liedermacher Manfred Pohlmann (Bendorf/Rhein) und seinem Musiker-Kollegen Frank Willi Schmidt, ging es in den Ansprachen vor allem um die seit dem jeweiligen Eintritt in die Organisation zurückgelegte Zeitspanne. Wobei man jedoch auch den Blick auf die noch zu bewältigenden Zukunftsaufgaben lenkte. Hierbei klar formulierte Positionen zeugten dabei am Samstag in der gut besetzten Tauberbischofsheimer Stadthalle vom reichlich vorhandenen Selbstbewusstsein.

Wie seit langem bewährt, verlief die Veranstaltung in gewohnt ungezwungener Form, wofür zuerst seitens der Laudaer Narrengesellschaft Strumpfkapp Ahoi die vier- bis fünfjährigen "Listigen Elfen" mit ihrem niedlichen Auftritt als "Musketiere" sorgten, vorgestellt von Koordinator Peter Kreis. Viel Beifall gab es auch für den Travestie-Künstler "Diva Maria" alias Andreas Münch (Walldürn), der mit einer Playback- und Outfit-Show begeisterte. Auch im Namen von Sekretär Michael Perner sowie des Ersten Bevollmächtigten der IG-Metall-Verwaltungsstelle, Gerd Koch, begrüßte Kassierer Harald Gans die Gäste. Er hob die "feste Tradition" der Jubilarehrung hervor, lebe doch die Organisation vom Engagement ihrer Mitglieder. Auf diese habe man sich in den vielen tariflichen Auseinandersetzungen und bei überbetrieblichen Aktionen stets verlassen können, und man benötige diese Unterstützung auch weiterhin, bekräftigte Gans, der nur einer starken IG Metall die Rolle zuschrieb, auch in den nächsten Jahren Forderungen sowohl im Bereich der Metall- und Elektroindustrie als auch in den Branchen Holz und Kunststoff oder Textil und Bekleidung sowie dem Handwerk durchzusetzen.

Aktuell stehe man vor einer großen Herausforderung, veränderten doch Transformation und Digitalisierung die Arbeitswelt, wofür man Antworten und Lösungen benötige, um einen massiven Stellenabbau in der Zukunft zu verhindern.

Bürgermeister Wolfgang Vockel bezeichnete sich selbst als "Stammkunde" bei der IG-Metall-Feier. Kurz die mehr als 8700 Arbeitsplätze in der Kreisstadt und die derzeitige Quote von 2,3 Prozent auf der Suche nach Beschäftigung streifend, galt der Glückwunsch des Verwaltungschefs den Jubilaren für ihr fundamentales Bekenntnis, ihre Treue und bewiesene Gemeinsamkeit, um damit auf ein weiteres wichtiges Jubiläum überzuleiten. So sei vor nunmehr 70 Jahren, und zwar genau am 23. Mai 1949, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet worden, erinnerte das Stadtoberhaupt. Das Miteinander sowie die Identifikation mit dem Staat und der Gesellschaft bilde den Kitt, der alles zusammenhalte.

Von einem jetzt schon "besonderen Tag" sprach im Anschluss der Festredner Ralf Kutzner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall in Frankfurt, der den Einsatz der zu ehrenden Mitglieder in das Blickfeld rückte - machten diese doch das gemeinsame Ganze aus. Bei jedem liege wohl ein besonderer Grund vor für die einstmals gefällte Entscheidung, der IG Metall oder der Gewerkschaft Textil-Bekleidung beziehungsweise Holz und Kunststoff beizutreten, wusste der Gast aus der Mainmetropole, der die Solidarität als "den Markenkern" titulierte.

"Nur, wenn wir gegen Arbeitgeber und das Kapital zusammenstehen, sind wir stark, dann haben wir Erfolg." Das hätten die Beschäftigten gelernt, hielt der Referent aus der Zentrale fest. Im Rahmen einer Zeitreise anhand zahlreicher Beispiele ging Kutzner dann ausführlich auf die Ereignisse rund um die Jahre 1948/49, 1958/59, 1968/69, 1978/79 sowie 1993/94 ein, wobei er bei seinen tiefschürfenden Betrachtungen nicht nur das gewerkschaftliche Geschehen im Auge behielt. Nach einem Abstecher zum "nach wie vor bedrückenden Ungleichgewicht bei den Löhnen zwischen West und Ost" zitierte das 60-jährige Vorstandsmitglied abschließend wie folgt aus der Satzung der IG Metall: "Diese fördert aktiv die Gleichstellung von Frauen und Männern in Gesellschaft, Betrieb und Gewerkschaft, unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität." Mit der Mitgliedschaft unterstütze man diese Werte und sorge somit gleichzeitig dafür, "die Fahne der Menschlichkeit weiter hochzuhalten".

Die Geschäftsstelle der IG Metall in Tauberbischofsheim zählt aktuell genau 7858 Mitglieder - laut Aussage mit der höchste Stand, und dies bei weiter steigender Tendenz.

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 08.05.2019