Maikundgebung in Bad Mergentheim

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02.05.2017 Soziale Gerechtigkeit, bessere Arbeitnehmerrechte und eine solidarische Gesellschaft: Das waren wichtige Schlagworte bei der traditionellen DGB-Maikundgebung gestern in Bad Mergentheim.

Bad Mergentheim. Die Stadtkapelle Bad Mergentheim, die traditionell für die musikalische Umrahmung der Maikundgebung sorgte, musste fast schon gegen die Kälte anspielen, denn es war ungemütlich frisch am Montag Vormittag. Rolf Grüning, Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, stellte den gewerkschaftlichen Solidaritätsgedanken in den Mittelpunkt seiner Rede, gemäß dem diesjährigen DGB-Motto "Wir sind viele, wir sind eins". Obwohl die Wirtschaft boome und die Gewinne nur so sprudelten, hätten gerade die Erwerbstätigen mit niedrigen Einkommen in den letzten 20 Jahren Reallohn-Verluste erlitten, kritisierte der Gewerkschafter. In Deutschland seien die Einkommen noch nie so ungleich verteilt gewesen wie heute, "und das müssen wir ändern", forderte Rolf Grüning. Es könne nicht sein, dass die Rüstungsausgaben weiter stiegen, während man angeblich kein Geld habe, um Kranke und Pflegebedürftige mit ausreichend und gut bezahltem Personal zu versorgen, beklagte der Redner.

Sorge bereitet Rolf Grüning "der starke Rechtsruck auch in Deutschland". Nationalismus, Intoleranz und Rassismus müssten auch die Gewerkschaften konsequent entgegen treten, so Rolf Grüning. "Wir brauchen niemand, der die Gesellschaft spaltet, Angst schürt und Intoleranz und Gewalt predigt," bekräftigte der DGB-Kreisvorsitzende.

Hauptrednerin Julia Friedrich, Abteilungsleiterin für Wirtschafts-, Industrie-, und Umweltpolitik im DGB-Bezirk Baden-Württemberg, befasste sich mit den Schattenseiten im "Hochlohnland Baden-Württemberg" mit seiner starken Exportkraft. Die Deregulierung des Arbeitsmarktes habe deutliche Spuren hinterlassen und stelle die Gewerkschaften vor "riesige Herausforderungen", führte die Rednerin aus. Scharf kritisierte sie den "starken Anstieg" der Leiharbeit, die keineswegs als Brücke in den regulären Arbeitsmarkt diene. Vielmehr sei sie eine Einbahnstraße in Richtung prekärer Beschäftigung und Niedriglohnsektor. Das neue Gesetz zur Leiharbeit und Werkverträgen führt nach Einschätzung des DGB zu einem "Drehtüreffekt": Die Leiharbeiter würden nach 18 Monaten einfach abgezogen und am gleichen Arbeitsplatz durch den nächsten Leiharbeitnehmer ersetzt. "So geht das nicht," bekräftigte Julia Friedrich.

Die Gewerkschaftsvertreterin plädierte ferner für eine "wirksame Erbschaftssteuer", die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Abschaffung der Abgeltungssteuer, damit Einkommen aus Spekulationen oder Vermietungen genauso besteuert würden wie Einkommen aus Arbeit. Die Situation sei "absurd": Der Staat verzichte einerseits freiwillig auf Geld und gebe gleichzeitig weniger Geld aus, um die "Schwarze Null" zu halten. Dieser Sparwahn schade gerade den Beschäftigten, sagte Friedrich. Sie kritisierte ferner den Rückzug der öffentlichen Hand aus dem sozialen Wohnungsbau. Die Politik habe das Thema dem freien Markt überlassen, der aber keinerlei Interesse daran habe, den Bedarf zu decken.

Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt forderte Julia Friedrich ein "vernünftiges Weiterbildungssystem", an dem sich auch Staat und Wirtschaft finanziell beteiligten. Es gebe dafür in Europa gute Beispiele, doch "warum geht sowas immer nur woanders und nie im reichen Deutschland?" fragte die DGB-Abteilungsleiterin. Zugleich macht die hohe Zahl an Überstunden - Friedrich zufolge waren es in Deutschland 2015 insgesamt 1,8 Milliarden - Sorge. Ihr Fazit: "Wir brauchen eine wirksame Begrenzung der Leistungsverdichtung". Vehement sprach sie sich gegen Verschlechterungen bei der Arbeitszeit aus. "Flexibilität" sei generell nicht schlecht, doch dürfe sie nicht einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, betonte Friedrich. "Wir wollen kein Arbeiten auf Abruf," stellte sie klar.

Gerade im Wandel der Arbeitswelt gelte es, Mitbestimmung und Tarifbindung zu stärken. "Wir wollen selbstbewusste Mitsprache," so Julia Friedrich. Zu guter Letzt forderte sie einen Kurswechsel hin zu einer "starken gesetzlichen Rente" und plädierte für eine Bekämpfung der "Lohndiskriminierung von Frauen".

© Fränkische Nachrichten, Dienstag, 02.05.2017

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Letzte Änderung: 02.05.2017