Es geht um Entscheidungsbefugnisse

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11.04.2017 Delegiertenversammlung in Werbach / Tarifverhandlungen im Jahr 2018 im Fokus

In der Tauberhalle in Werbach trafen sich die Delegierten der IG Metall aus den Firmen des Neckar-Odenwald und des Main-Tauber-Kreises zum Meinungsaustausch besonders im Hinblick auf eine mögliche Tarifforderung zur Arbeitszeit für 2018. Unter den Gästen nahmen der Vertreter der Stuttgarter Bezirksleitung, Martin Gürtler, sowie der DGB-Kreisvorsitzende Rolf Grüning teil.

Guter Mitgliederzuwachs

Der Geschäftsführer der IG Metall Tauberbischofsheim, Gerd Koch, konnte in seinem Quartalsbericht eine stabile Kassenlage, einen im Bezirksvergleich überdurchschnittlich guten Mitgliederzuwachs darlegen. Aus der aktuellen Arbeit schilderte er die betrieblichen Konflikte, in denen die IG Metall den Arbeitnehmern und Betriebsräten direkt vor Ort Hilfestellung und Beratung gewähren muss, bevor er sich anhand eines Folienvortrages künftigen, gesamtorganisatorischen Herausforderungen zuwandte - im Zentrum arbeitszeitpolitische Regelungen für die kommende Tarifrunde 2018.

Einleitend umriss Gerd Koch die Ausgangslage. 2013 habe die bundesweite Beschäftigtenbefragung in der Metall- und Elektroindustrie zur Arbeitssituation in unerwarteter Breite die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer mit immer flexibleren Arbeitszeitanforderungen aufgezeigt.

Wachsende Schwierigkeiten

Im Kern gehe es um die wachsenden Schwierigkeiten, die persönlichen Bedürfnisse den betrieblichen Anforderungen anzupassen und unterzuordnen.

"Das ist für uns Handlungsauftrag und wir haben auf unserem Gewerkschaftstag 2015 beschlossen, tarifliche Lösungen zu suchen und festzuschreiben."

Eine der Herausforderungen liege in der Vielschichtigkeit der Probleme rund um das Thema Arbeitszeit: Die Schichtarbeiter beklagen andere Belastungen als Beschäftigte, deren Arbeitsfeld Online-Verfügbarkeit weit in die Freizeit hinein verlangt. Es gibt Arbeitnehmer, die Mehrarbeit auf einem Zeitkonto ansammeln müssen, diese aber aufgrund des Arbeitsvolumens nicht mehr abbauen können und dem letztlich Hunderte von Stunden unbezahlt verfallen.

"Das kommt auch bei uns vor", so Koch. Dieser Betroffene brauche andere Regelungen als Beschäftigte, die sich für familiäre Betreuungsaufgaben zeitweise mehr Flexibilität wünschten.

Deshalb laufe seit 2014 auf allen Ebenen der Organisation die Diskussion um Lösungen unter dem Motto "Flexibilität ist keine Einbahnstraße", auch oder gerade, weil die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen beantwortet werden müssten.

Mehrheitlich würde in den Reihen der IG Metall derzeit dafür plädiert, dass das Thema Arbeitszeit in der nächsten Tarifrunde aufzugreifen ist.

Erste Reaktionen aus den Betrieben zeigten auch vor Ort: Generell sei Arbeitszeit ein wichtiges Thema. Beschäftigte wollen und brauchen Rahmenbedingungen für die Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitszeit. Arbeitszeitfragen sind in unterschiedlicher Prägung jeweils in den Betrieben Thema.

Aus der Debatte hätten sich bis jetzt drei mögliche Forderungsanträge herauskristallisiert: Ansprüche für Beschäftigte mit besonderen Belastungen , zum Beispiel Schicht auf kürzere Arbeitszeit mit Entgeltausgleich, Ansprüche auf kürzere Arbeitszeit mit Entgeltausgleich für verschiedene Lebensphasen und Regelungen zu mobiler Arbeit.

Es gäbe betriebliche Beispiele und Denkmodelle wie Regelungen unter dem Begriff "Wahlarbeitszeit" in einem Tarifvertrag ausgestaltet werden können. Ob und wie, dazu würden die Ergebnisse einer derzeit laufenden Beschäftigtenbefragung entscheidend sein und in einer bundesweiten Arbeitszeitkonferenz noch vor der Sommerpause zusammengetragen.

"Strategiepapier 2025"

Eindringlich wies der Geschäftsführer auf zu erwartende Auseinandersetzungen für eine Tarifrunde hin. Nötige und/oder wünschenswerte Arbeitszeitregelungen ließen sich nicht ohne die Fragen nach der betrieblichen Personal- und Leistungsbemessung umsetzen.

"Das ist nicht nur eine Kostenfrage. Da geht es auch um Entscheidungsbefugnisse. Damit wird dies auch zu einer Machtfrage", stellte Gerd Koch zum Ende seines Berichts fest.

Nahtlos anknüpfen konnte der Stuttgarter Bezirkssekretär Martin Gürtler, indem er den Delegierten ein "Strategiepapier 2025" vorstellte, das sich mit der Arbeitswelt von morgen befasst. Unter anderem mit den Fragen: Welche Veränderungen in den Betrieben zeichnen sich ab? Wie werden sich Belegschaftsstrukturen, Arbeitsorganisation, Qualifikationsanforderungen und Belastungen verändern?

Engagierte Debatte

Angeregt werden soll eine Diskussion um künftige Fragen, Anforderungen und Zielsetzungen für die Betriebs-, Tarif- und Organisationspolitik herauszuarbeiten.

Die Delegiertenversammlung in Werbach schloss erst nach einer breiten, engagierten Debatte und spiegelte damit den Diskussionsstand aus den Betrieben zu den anstehenden tarifpolitischen Fragen wieder.

© Fränkische Nachrichten, Samstag, 08.04.2017

Letzte Änderung: 11.04.2017